Radziwill Archiv
Die Franz Radziwill Gesellschaft und die Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) starten dieser Tage ein gemeinsames Projekt: Unterstützt vom Land Niedersachsen digitalisieren sie rund 7.500 Briefe aus dem Franz Radziwill Archiv im Besitz der Familie. Die Öffnung und Aufarbeitung des Dangaster Archivs, die die Familie Radziwill seit dem Tod des Malers zusammen mit der Franz Radziwill Gesellschaft vorantreibt, wird durch das Projekt konsequent weitergeführt. Das Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg steuert als Kooperationspartner über 100 weitere Autographen von Franz Radziwill bei.
Briefe spiegeln Geschichte – sie geben nicht nur Gefühle und Gedanken preis, sondern belegen auch Beziehungen und enthalten Informationen, die sich anderswo nicht finden lassen. Nun werden die Schätze aus dem Archiv des international bekannten Malers Franz Radziwill (1895–1983) digital erschlossen: Rund 7.500 Briefe werden erfasst, digitalisiert und – soweit das Urheberrecht erlaubt – auch online mit Hilfe einer Datenbank der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Somit ergänzt das Projekt das Landesportal „Künstlerdatenbank und Nachlassarchiv Niedersachsen“ um einen der bedeutendsten niedersächsischen Künstler des 20. Jahrhunderts. Um das Bild zu vervollständigen, fließen dabei auch über 100 Autographen von Franz Radziwill aus dem Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg ein.
Diesen langgehegten Plan kann die Franz Radziwill Gesellschaft im Einvernehmen mit der Familie nun dank der Förderung durch das Land Niedersachsen umsetzen. Mit 100.000 Euro fördert das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur das Projekt. Das hat Minister Falko Mohrs auf Empfehlung eines Gutachtergremiums der Volkswagen Stiftung entschieden. Das Projekt ist damit eines von 22 forschungsgeleiteten Vorhaben, die das Land Niedersachsen mit insgesamt rund 2,1 Millionen Euro unterstützt. Die Mittel kommen aus dem Programm „Pro*Niedersachsen – Kulturelles Erbe – Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen“. Es bringt kleinere kulturbewahrende Einrichtungen mit Partnern in staatlicher Grundfinanzierung aus dem wissenschaftlichen und kulturellen Bereich zusammen. Die Franz Radziwill Gesellschaft hat den Antrag gemeinsam mit der Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes gestellt. Die VZG bringt die IT-Kompetenz für das Digitale Franz Radziwill Archiv ein, entwickelt bedarfsgerecht die nötige Software und stellt sie zur Verfügung. Dabei klärt das Projekt gleichzeitig technische Fragen zur Digitalisierung von Archivalien innerhalb der Strukturen der VZG, wovon mittel- und langfristig auch weitere Kultureinrichtungen in Niedersachsen profitieren. „Die Digitalisierung von Kunstgeschichte ist ein Meilenstein, durch welchen die Vergangenheit bewahrt und der Zukunft zugänglich gemacht wird“, betont Minister Falko Mohrs.
Seit ihrer Gründung 1986 hat die Franz Radziwill Gesellschaft, unterstützt von der Familie, Radziwills hinterlassenes Archiv in Dangast der Öffentlichkeit vollständig zugänglich gemacht. Diese Archivalien waren seither Grundlage zahlreicher Forschungsprojekte. Thomas Kossendey, der erste Vorsitzende der Franz Radziwill Gesellschaft, unterstreicht einen zentralen Vorteil der geplanten Digitalisierung: „Um das Franz Radziwill Archiv zu nutzen, kamen manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler extra aus dem Ausland nach Dangast angereist. Durch die Digitalisierung wird der Zugriff auf das Archiv künftig entscheidend erleichtert – sowohl für die Forschung als auch für die Öffentlichkeit.“ „Franz Radziwill ist einer der herausragenden Künstler Nordwestdeutschlands“, betont Prof. Dr. Rainer Stamm, Direktor des Landesmuseums Kunst & Kultur Oldenburg: „Er stand mit wichtigen Persönlichkeiten seiner Zeit in Kontakt: Künstler, Kunsthistoriker, Kunsthändler, Sammlerinnen und Sammler zählten zu seinen Briefpartnern. Von der erhaltenen Korrespondenz können daher sowohl die Radziwill-Forschung als auch andere kunst- und kulturgeschichtliche Projekte profitieren.“ Das Landesmuseum und die Franz Radziwill Gesellschaft haben ihre Zusammenarbeit zu Franz Radziwill bereits im Februar 2022 vertieft, als sie dank einer Anschubfinanzierung der Gertrud und Hellmut Barthel Stiftung gemeinsame eine befristete Stelle ausgeschrieben haben. In dem neuen, archivbezogenen Projekt setzen das Künstlerhaus in Dangast und das Landesmuseum Oldenburg ihre Kooperation fort.
Auf technischer Seite bringt das Digitalisierungsprojekt ebenfalls Neuerungen mit sich: „Die Arbeit am Nachlass von Franz Radziwill ermöglicht es uns, erstmals digitale Strukturen zur Erschließung von archivalischen Nachlässen aufzubauen“, erklärt Frank Dührkohp, der die Abteilung Digitale Bibliothek der Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes leitet. „Das erweitert die IT-Infrastruktur des Landes Niedersachsen, die in Zukunft auch Folgeprojekten zur Verfügung steht.“