Leitlinien für gutes wissenschaftliches Arbeiten
Die Verbundzentrale des GBV (VZG) ist Dienstleistungszentrum für wissenschaftliche und öffentliche Bibliotheken und für Forschungseinrichtungen. Diese Tätigkeit umfasst auch die Entwicklung und Erforschung von angemessenen Diensten und Werkzeugen nach wissenschaftlichen Standards und Verfahren. Der vorliegende Leitfaden enthält verbindliche Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der VZG und Verfahren zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten. Der Leitfaden setzt damit die Ebenen eins und zwei der Leitlinien 1 bis 19 des Kodex der DFG „Leitlinien guter wissenschaftlicher Praxis“ vom August 2019 (DFG Kodex) um.
Dieser Leitfaden verpflichtet alle an der VZG wissenschaftlich tätigen Mitarbeitenden zur Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis und zur Sicherung wissenschaftlicher Integrität.
- Allgemeine Prinzipien
- Leitlinie 1: Verpflichtung auf die allgemeinen Prinzipien
- Leitlinie 2: Berufsethos
- Leitlinie 3: Organisationsverantwortung der Leitung wissenschaftlicher Einrichtungen
- Leitlinie 4: Verantwortung der Leitung von Arbeitseinheiten
- Leitlinie 5: Leistungsdimensionen und Bewertungskriterien
- Leitlinie 6: Ombudspersonen
- Forschungsprozess
- Leitlinie 7: Phasenübergreifende Qualitätssicherung wissenschaftlicher Einrichtungen
- Leitlinie 8: Akteure, Verantwortlichkeiten und Rollen
- Leitlinie 9: Forschungsdesign
- Leitlinie 10: Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Nutzungsrechte
- Leitlinie 11: Methoden und Standards
- Leitlinie 12: Dokumentation
- Leitlinie 13: Herstellung von öffentlichem Zugang zu Forschungsergebnissen
- Leitlinie 14: Autorschaft
- Leitlinie 15: Publikationsorgan
- Leitlinie 16: Vertraulichkeit und Neutralität bei Begutachtungen und Beratungen
- Leitlinie 17: Archivierung
- Verfahren bei Nichtbeachtung guter wissenschaftlicher Praxis
- Tatbestände des wissenschaftlichen Fehlverhaltens
- Verfahren bei Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens
- Maßnahmen bei Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens
- Ombudspersonen
Allgemeine Prinzipien
Leitlinie 1: Verpflichtung auf die allgemeinen Prinzipien
Alle Angestellten tragen dafür Verantwortung, bei der Ausübung wissenschaftlicher Tätigkeiten nach bestem Wissen und Gewissen die Standards guter wissenschaftlicher Arbeit einzuhalten. Dazu gehört es, Beiträge Dritter klar kenntlich zu machen, Ergebnisse konsequent selbst anzuzweifeln und einen kritischen Diskurs in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zuzulassen und zu fördern. Ergebnisse und Prozesse sollten nicht mit Blick auf ihre Öffentlichkeitswirksamkeit, sondern auf Erkenntnisgewinn und Nutzbarkeit entsprechend den Prinzipien von Open Science (Transparenz, Reproduzierbarkeit, Wiederverwendbarkeit und offene Kommunikation) ehrlich und verständlich zur Verfügung gestellt werden.
Leitlinie 2: Berufsethos
Alle an der VZG wissenschaftlich tätigen Personen tragen Verantwortung dafür, die grundlegenden Werte und Normen wissenschaftlichen Arbeitens in ihrem Handeln zu verwirklichen und für sie einzustehen. Dies beinhaltet auch die Vermittlung der Grundlagen guten wissenschaftlichen Arbeitens an das Kollegium und kontinuierliche Fortbildung im gegenseitigen Austausch.
Leitlinie 3: Organisationsverantwortung der Leitung wissenschaftlicher Einrichtungen
Die Leitung der VZG schafft die Rahmenbedingungen dafür, dass dort, wo eine wissenschaftliche Vorgehensweise angebracht ist, auch nach wissenschaftlichen Standards und Verfahren gearbeitet werden kann. Neben der Einhaltung und Vermittlung guter wissenschaftlicher Praxis gehören zu den Rahmenbedingungen eine angemessene Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses samt Möglichkeiten zur Weiterbildung und Karriereunterstützung. Verfahren zur Personalauswahl und die Personalentwicklung berücksichtigen insbesondere Ziele der Gleichstellung und Chancengleichheit.
Leitlinie 4: Verantwortung der Leitung von Arbeitseinheiten
Die Leitung einer wissenschaftlichen Arbeitseinheit trägt die Verantwortung für die gesamte Einheit. Ihre Aufgaben umfassen insbesondere die Kompetenzvermittlung, die wissenschaftliche Begleitung sowie die Aufsichts- und Betreuungspflichten. Größe und Organisation der Arbeitseinheiten sind so gestaltet, dass allen Mitgliedern ihre Rollen, Rechte und Pflichten bewusst sind und die Gruppe als Ganze ihre Aufgaben erfüllen kann. Machtmissbrauch und das Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen sind durch geeignete organisatorische Maßnahmen sowohl auf der Ebene der einzelnen wissenschaftlichen Arbeitseinheit als auch auf der Ebene der Leitung wissenschaftlicher Einrichtungen zu verhindern.
Leitlinie 5: Leistungsdimensionen und Bewertungskriterien
Zur Bewertung der wissenschaftlichen Leistung sind quantitative Indikatoren wie die Anzahl von Publikationen nicht geeignet. Stattdessen sollen qualitative Maßstäbe herangezogen und die persönliche Situation der Betroffenen berücksichtigt werden. Wichtig sind neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn auch Initiativen wie kritische Reflexion, aktive Kommunikation in und außerhalb der eigenen Einrichtung und die Begleitung von Ergebnissen zur praktischen Anwendung.
Leitlinie 6: Ombudspersonen
Die VZG hat zwei unabhängige Ombudspersonen, an die sich Mitarbeitende in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und in Fragen vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens wenden können. Die Ombudspersonen können sich für den Fall der Besorgnis, der Befangenheit oder der Verhinderung gegenseitig vertreten. Die Aufgaben der Ombudspersonen sind insbesondere:
- Aktive Kommunikation der Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis und Beitrag dazu, dass die wissenschaftliche Integrität selbstverständlicher Teil der wissenschaftlichen Arbeit an der VZG ist,
- Stellungnahmen zu Fällen der Vermutung wissenschaftlichen Fehlverhaltens,
- Vorprüfung von Vorwürfen, ob hinlänglich konkretisierte Anhaltspunkte für wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegen und bei hinreichendem Verdacht, Überleitung in eine förmliche Untersuchung, wie in Leitlinie 19 geregelt.
- Dokumentation von Verdachtsmeldungen und des weiteren Verfahrens.
Die Ombudstätigkeit erfolgt vertraulich, d.h. unter Wahrung der Verschwiegenheit.
Die Ombudspersonen werden durch die Direktion der VZG bestimmt und bekannt gemacht. Zu Ombudspersonen können integre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestellt werden. Sie dürfen während ihrer Amtszeit nicht Mitglied eines Leitungsgremiums sein. Die Amtszeit der Ombudspersonen beträgt vier Jahre und ist auf maximal zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten zu begrenzen. Mit Ablauf der Amtszeit oder nach Rücktritt einer Ombudsperson trägt die Direktion Sorge dafür, dass zeitnah eine Nachfolge bestimmt und bekannt gemacht wird.
Sollten beide Ombudspersonen der VZG befangen oder nicht in der Lage sein, einander zu vertreten, kann sich das wissenschaftlich tätige Personal wie auch bei allgemeinen Fragen zur guten wissenschaftlichen Praxis an das überregional tätige Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ der DFG wenden.
Forschungsprozess
Leitlinie 7: Phasenübergreifende Qualitätssicherung wissenschaftlicher Einrichtungen
Forschung und Entwicklung an der VZG erfolgt nach aktuellem Stand der Wissenschaft und Technik (lege artis). Die angewandten Mechanismen der Qualitätssicherung werden dokumentiert und zusammen mit den Ergebnissen publiziert, insbesondere wenn neue Methoden entwickelt werden.
Die Qualitätssicherung reicht von der Erhebung, Verarbeitung und Analyse von Forschungsdaten, über die Auswahl, Programmierung und Nutzung von Forschungssoftware bis zur allgemeinen Dokumentation von Art, Umfang und Verlauf des Forschungsprozesses. Die Herkunft von im Forschungsprozess verwendeten Daten und Software wird kenntlich gemacht und die Nachnutzung belegt. Originalquellen werden korrekt zitiert. Der Quellcode von öffentlich zugänglicher Software muss zitier- und nutzbar in Code-Repositories bereitgestellt werden, so dass Ergebnisse und Erkenntnisse durch andere Forschende reproduziert beziehungsweise bestätigt werden können. Werden nach der Veröffentlichung Unstimmigkeiten oder Fehler bekannt, werden diese kenntlich gemacht und berichtigt.
Leitlinie 8: Akteure, Verantwortlichkeiten und Rollen
Die Rollen und die Verantwortlichkeiten des an einem Forschungsvorhaben beteiligten Personals müssen zu jedem Zeitpunkt klar sein. Dazu stehen die Beteiligten im regelmäßigen Austausch. Bei Änderungen von Arbeitsschwerpunkten und Zielen werden Aufgaben entsprechend angepasst und kommuniziert.
Leitlinie 9: Forschungsdesign
Bei der Planung von Forschungsvorhaben und anderen Projekten mit wissenschaftlichem Bezug ist der aktuelle Forschungsstand umfassend zu berücksichtigen und anzuerkennen. Die Identifikation relevanter und geeigneter Forschungsfragen setzt sorgfältige Recherche nach bereits öffentlich zugänglich gemachten Forschungsleistungen voraus. Die VZG stellt die dazu notwendigen Recherchemöglichkeiten im Rahmen ihrer bibliothekarischen Infrastruktur sicher. Wissenschaftlich Tätige prüfen, ob und inwiefern Geschlecht und Vielfältigkeit für ihre Forschungsvorhaben bedeutsam sein könnten und wenden vorhandene Methoden zur Vermeidung von (auch unbewussten) Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden an.
Leitlinie 10: Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Nutzungsrechte
Die an der VZG wissenschaftlich tätigen Personen gehen verantwortungsvoll mit der verfassungsrechtlich gewährten Forschungsfreiheit um. Sie berücksichtigen Rechte und Pflichten, insbesondere solche, die aus gesetzlichen Vorgaben, aber auch aus Verträgen mit Dritten resultieren, und holen, sofern erforderlich, Genehmigungen und Ethikvoten ein und legen diese vor. Forschungsvorhaben beinhalten eine gründliche Abschätzung der Folgen und die Beurteilung der jeweiligen ethischen Aspekte.
Die rechtlichen und ethischen Anforderungen umfassen neben der Einhaltung rechtlicher Vorgaben auch ein Bewusstsein für mögliche Risiken und Missbrauch von Forschungsergebnissen. Die Leitung der VZG trägt Verantwortung für die Regelkonformität des Handelns des gesamten Personals und befördert diese durch geeignete Organisationsstrukturen, verbindliche Grundsätze für Forschungsethik und Verfahren für die entsprechende Beurteilung von Forschungsvorhaben.
Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen eines Forschungsvorhabens zählen auch dokumentierte Vereinbarungen über die Nutzungsrechte an aus ihm hervorgehenden Forschungsdaten und -ergebnissen. Die Nutzungsrechte sollten möglichst frühzeitig unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen geklärt und transparent festgelegt werden. Grundsätzlich sollte dabei die Publikation aller Forschungsdaten und -ergebnisse unter freien Lizenzen als Open Access bzw. Open Data schon während des Forschungsprozesses (Open Science) angestrebt werden.
Leitlinie 11: Methoden und Standards
Zur Beantwortung von Forschungsfragen wenden wissenschaftlich tätige Mitarbeitende fundierte, nachvollziehbare Methoden an und sorgen dafür, dass der Forschungsprozess ausreichend dokumentiert und reproduzierbar ist. Bei der Entwicklung und Anwendung neuer wissenschaftlicher Methoden legen sie besonderen Wert auf die Qualitätssicherung und Etablierung von Standards.
Leitlinie 12: Dokumentation
Wissenschaftliche Studien und Vorhaben an der VZG werden so dokumentiert, dass sie und ihre (Zwischen-)Ergebnisse von Dritten nachvollzogen, überprüft und bewertet werden können. Dies beinhaltet insbesondere auch negative Ergebnisse sowie zur Reproduktion der Ergebnisse notwendige Methoden, Daten, Analyseschritte und Software. Wird die Dokumentation den üblichen Anforderungen der jeweiligen Fachdisziplin bzw. den etablierten Standards für gute Daten- und Softwarepublikationen nicht gerecht, werden die Einschränkungen und die Gründe dafür nachvollziehbar dargelegt. Dokumentationen und Forschungsergebnisse dürfen nicht manipuliert werden; sie sind bestmöglich gegen Manipulationen zu schützen.
Leitlinie 13: Herstellung von öffentlichem Zugang zu Forschungsergebnissen
Das Ziel wissenschaftlicher Tätigkeiten an der VZG ist es, neue Erkenntnisse zu erlangen und zu vermitteln, die potentiell für die Aufgaben der VZG und der von ihr unterstützen Kultureinrichtungen relevant sind, sowie vorhandenes Wissen zu überprüfen und nötigenfalls zu korrigieren. Die Ergebnisse des Forschungsprozesses sind daher grundsätzlich über angemessene Kommunikations- und Publikationsformen öffentlich zu machen. Im Idealfall werden alle zentralen, im Rahmen des Forschungsprozesses anfallenden Materialien entsprechend der FAIR-Prinzipien („Findable, Accessible, Interoperable, Re-Usable“) in anerkannten Archiven und Repositorien hinterlegt. Wiederholungen ohne zusätzlichen Erkenntnisgewinn sollten dabei vermieden und stattdessen auf zuvor bereits veröffentlichte Ergebnisse verwiesen werden. Im Einzelfall kann es Gründe dafür geben, auf eine Veröffentlichung zu verzichten. Wissenschaftliches Personal der VZG entscheidet in eigener Verantwortung, ob, wie und wo es die Ergebnisse öffentlich zugänglich macht, sofern es die Gründe dafür nachvollziehbar beschreiben kann.
Leitlinie 14: Autorschaft
Autorin oder Autor ist, wer einen genuinen, nachvollziehbaren Beitrag zu dem Inhalt einer wissenschaftlichen Text-, Daten- oder Softwarepublikation geleistet hat. Ein solcher Beitrag liegt insbesondere vor, wenn jemand in wissenschaftlicher Weise an
- der Entwicklung und Konzeption des Forschungsvorhabens oder
- der Erarbeitung, Erhebung, Beschaffung, Bereitstellung der Daten, der Software, der Quellen oder
- der Analyse/Auswertung oder Interpretation der Daten, Quellen und an den aus diesen folgenden Schlussfolgerungen oder
- am Verfassen des Manuskripts
mitgewirkt hat. Reicht ein Beitrag nicht aus, um eine Autorschaft zu rechtfertigen, kann diese Unterstützung innerhalb der Publikation in Fußnoten, Danksagung oder ähnlicher Form angemessen anerkannt werden. Eine Ehrenautorschaft, bei der gerade kein solcher Beitrag geleistet wurde, ist nicht zulässig. Eine Leitungs- oder Vorgesetztenfunktion begründet für sich allein keine Mitautorschaft. Alle am Forschungsprozess Beteiligten stimmen sich darüber ab, wer als Autor bzw. Autorin von wissenschaftlichen Publikationen genannt werden soll und in welcher Reihenfolge die Personen aufgeführt werden.
Alle Verfassenden stimmen der finalen Fassung des Werks, das publiziert werden soll, zu. Sie tragen für die Publikation die gemeinsame Verantwortung, es sei denn, es wird explizit anders ausgewiesen. Ohne hinreichenden Grund darf eine erforderliche Zustimmung zu einer Publikation von Ergebnissen nicht verweigert werden. Die Verweigerung der Zustimmung muss mit einer nachprüfbaren Kritik an Daten, Methoden oder Ergebnissen begründet werden. Die Verfassenden achten darauf und wirken, soweit möglich, darauf hin, dass ihre Forschungsbeiträge korrekt zitiert werden können.
Leitlinie 15: Publikationsorgan
Zur Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse sind geeignete Publikationsorgane zu prüfen und auszuwählen. Dazu zählen nicht nur etablierte Fachzeitschriften und Konferenzen, sondern insbesondere auch Fach-, Code- und Daten-Repositorien sowie Blogs. Neue oder unbekannte Publikationsorgane werden auf ihre Seriosität hin geprüft. Zu den Auswahlkriterien gehört neben Qualität und Sichtbarkeit auch ob das Publikationsorgan eigene Richtlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis etabliert hat.
Leitlinie 16: Vertraulichkeit und Neutralität bei Begutachtungen und Beratungen
Bei der Beurteilung von eingereichten Manuskripten, Förderanträgen oder der Eignung von Personen ist strikte Vertraulichkeit und redliches Verhalten zu wahren. Fremde Inhalte, zu denen die Beurteilenden im Rahmen der Begutachtung und Beratung Zugang erlangen, dürfen nicht an Dritte weitergegeben, oder für eigene Zwecke genutzt werden. Die Beurteilenden legen alle Tatsachen offen, die die Besorgnis einer Befangenheit begründen können und zeigen etwaige Interessenskonflikte, die in Bezug auf das begutachtete Forschungsvorhaben, oder die Person, beziehungsweise den Gegenstand der Beratung, begründet sein könnten, unverzüglich und von sich aus an.
Leitlinie 17: Archivierung
Die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit und die ihnen zugrunde liegenden zentralen Materialien, Daten und Werkzeuge müssen gesichert und in angemessener Form aufbewahrt werden. Im Idealfall werden alle Inhalte entsprechend den Leitlinie 12-15 öffentlich publiziert und in Repositorien archiviert. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Zwischenergebnisse, die sich mit den vorliegenden Inhalten leicht reproduzieren lassen. Inhalte deren vollständige Veröffentlichung nicht angemessen ist, stellt die VZG die Aufbewahrung für mindestens 10 Jahre sicher. Sofern nachvollziehbare Gründe dafür existieren, bestimmte Inhalte nicht zu veröffentlichen oder aufzubewahren, legen die Autor*innen dies dar.
Verfahren bei Nichtbeachtung guter wissenschaftlicher Praxis
Leitlinie 18: Hinweisgebende und von Vorwürfen Betroffene
Bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten gilt die Unschuldsvermutung und Vertraulichkeit. Wegen der Anzeige selbst dürfen weder der/dem Hinweisgebenden noch der/dem von den Vorwürfen Betroffenen Nachteile für das eigene wissenschaftliche oder berufliche Fortkommen erwachsen (beispielsweise Verzögerungen während der Qualifizierung, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen oder möglichen Vertragsverlängerungen...). Die zuständigen Stellen an der VZG (Leitung und Ombudspersonen), setzen sich in geeigneter Weise für den Schutz sowohl der Hinweisgebenden als auch der/des von den Vorwürfen Betroffenen ein.
Hinweise sollen in gutem Glauben erfolgen. Bewusst unrichtig oder mutwillig erhobene Vorwürfe können selbst ein wissenschaftliches Fehlverhalten begründen. Kann die/der Hinweisgebende die Fakten nicht selbst prüfen oder bestehen in Hinsicht auf einen beobachteten Vorgang Unsicherheiten bei der Interpretation der Leitlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis, sollte die/der Hinweisgebende sich zur Klärung des Verdachts an die Ombudsperson der VZG oder an das Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ wenden.
Die VZG entscheidet in eigener Verantwortung wie weit sie auch anonymen Hinweise nachgeht, wenn belastbare und hinreichend konkrete Tatsachen vorliegen. Ist die/der Hinweisgebende namentlich bekannt, wird der Name nicht ohne entsprechendes Einverständnis an Dritte herausgegeben. Etwas anderes gilt nur, wenn hierzu eine gesetzliche Verpflichtung besteht oder die/der von den Vorwürfen Betroffene sich andernfalls nicht sachgerecht verteidigen kann, weil es hierfür ausnahmsweise auf die Identität der/des Hinweisgebenden ankommt. Bevor der Name der/des Hinweisgebenden offengelegt wird, wird sie/er darüber umgehend in Kenntnis gesetzt; die/der Hinweisgebende kann entscheiden, ob sie/er die Anzeige – bei abzusehender Offenlegung des Namens – zurückzieht. Die Vertraulichkeit des Verfahrens erfährt Einschränkungen, wenn sich die/der Hinweisgebende mit dem Verdacht an die Öffentlichkeit wendet. Die untersuchende Stelle entscheidet im Einzelfall, wie sie mit der Verletzung der Vertraulichkeit durch die Hinweisgebende beziehungsweise den Hinweisgebenden umgeht. Die/Der Hinweisgebende ist auch im Fall eines nicht erwiesenen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu schützen, sofern die Anzeige der Vorwürfe nicht nachweislich wider besseren Wissens erfolgt ist.
Leitlinie 19: Verfahren in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens
Die VZG hat folgende Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens auf Basis hinreichender Rechtsgrundlagen festgelegt. Darin werden Tatbestände wissenschaftlichen Fehlverhaltens sowie Verfahrensvorschriften und Maßnahmen bei Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens definiert. Die Regelwerke werden ergänzend zu einschlägigen, höherrangigen Normen angewandt.
Tatbestände des wissenschaftlichen Fehlverhaltens
Nicht jeder Verstoß gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis stellt ein wissenschaftliches Fehlverhalten dar. Als wissenschaftliches Fehlverhalten kommen nur solche vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstöße in Betracht, die hier aufgeführt sind. Dies sind insbesondere folgende Tatbestände:
- Erfindung oder Verfälschung von Daten und Ergebnissen (zum Beispiel durch manipulative Auswahl oder durch Vortäuschung von Erfolgen)
- Vorspiegelung der Novität von Inhalten (zum Beispiel durch Mehrfachpublikation ohne entsprechende Offenlegung)
- Vorspiegelung der Wissenschaftlichkeit von Inhalten (zum Beispiel Kennzeichnung von Werbung als Forschungsergebnis)
- Vorspiegelung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung (zum Beispiel Peer-Review)
- Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums (zum Beispiel durch Ausgeben fremder Leistungen als eigene Beiträge oder Plagiat)
- Ausbeutung oder Publikation von vertraulichen, noch nicht veröffentlichten Inhalten, Forschungsansätzen oder Ideen ohne Einwilligung der Autor*in
- Inanspruchnahme der (Ko)Autorschaft anderer Person ohne deren Einverständnis
- Mitautorschaft an einer fälschungsbehafteten Publiktation
- Behinderung von Forschungstätigkeiten anderer (zum Beispiel durch Manipulation oder Löschung von Daten, die andere für ihre Forschung benötigen)
- Offensichtlich unethisches Verhalten im Zusammenhang mit wissenschaftlicher Tätigkeit (zum Beispiel Studien die die Privatsphäre ohne Einwilligung verletzen)
- Vernachlässigung der Leitungsverantwortung und Aufsichtspflicht bei Personalverantwortung, so dass Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis begünstigt werden
Verfahren bei Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens
Erste Ansprechpartner bei Verdacht auf und Fragen zu wissenschaftlichem Fehlverhalten sind die Ombudspersonen der VZG. Bei Mitarbeitenden der VZG können frei wählen, an welche Ombudsperson sie sich wenden und ob sich die Ombudspersonen zu ihrem Anliegen untereinander beraten dürfen. Sind die Ombudspersonen selbst von den Vorwürfen betroffen oder befangen, so können sich Mitarbeitende auch direkt an die Direktion oder an eine überregionale Ombudsperson wenden.
Die Überprüfung anonymer Anzeigen ist durch die Ombudspersonen abzuwägen. Allgemeine Fragen und Hilfe bei der Vermittlung zwischen Personen durch die Ombudspersonen bilden kein Verfahren zur Prüfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens und können daher jederzeit beendet werden.
Bei hinreichend konkreten Verdachtsmomenten ist durch die angesprochene Ombudsperson unverzüglich eine Vorprüfung durchzuführen. Die Ombudsperson ist dabei verpflichtet, Nachteile für das wissenschaftliche und berufliche Fortkommen der hinweisgebenden Personen weitestmöglich zu verhindern, wie auch Beschuldigte vor unberechtigten Vorwürfen zu schützen. Im Rahmen der Vorprüfung können unter Wahrung der Vertraulichkeit weitere Personen wie auch die Beschuldigten selbst befragt werden. Die Vorprüfung liefert lediglich eine Einschätzung auf Grundlage vorliegenden Informationen darf und darf nicht als abschließende Beurteilung behandelt werden. Das Ergebnis der Vorprüfung sollte innerhalb von zwei Wochen vorliegen, ist schriftlich festzuhalten und den Beschuldigten zur Stellungnahme vorzulegen. Zur Stellungnahme ist eine Frist zu setzen; diese soll in der Regel zwei Wochen betragen. Die Frist kann verlängert werden. Die Stellungnahme soll schriftlich erfolgen. Beschuldigte Personen sind nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten.
Nach vorliegen der Stellungnahme oder Ablauf der Frist entscheidet die Ombudsperson unverzüglich über den weiteren Fortgang des Verfahrens und informiert die Beschuldigten über die Entscheidung. Besteht kein hinreichender Verdacht eines verfolgbaren wissenschaftlichen Fehlverhaltens, stellt die Ombudsperson das Verfahren ein. Bei hinreichendem Verdacht leitet die Ombudsperson das Ergebnis der Vorprüfung zusammen mit der Stellungnahme der Betroffenen und einer zusammenfassenden Bewertung an die Direktion weiter. In begründeten Ausnahmefällen kann die Direktion auch unmittelbar nach Ende der Vorprüfung informiert werden, bevor eine Stellungnahme der Betroffenen vorliegt.
Das weitere Verfahren zur Feststellung wissenschaftlichen Fehlverhaltens und zur Entscheidung über Maßnahmen wird durch die Direktion der VZG entsprechend dem Verfahren zur Prüfung und Sanktionierung von allgemeinen Pflichtverletzungen von Angestellten durchgeführt. Bei Bedarf wird zur Ermittlung eine Untersuchungskommission gebildet, zu der neben den Ombudspersonen, Personen aus der Leitungsebene der VZG und dem Personalrat auch externe Expert*innen herangezogen werden können. Bei begründetem Verdacht auf Befangenheit der Direktion oder wenn die Direktion selbst des wissenschaftlichen Fehlverhaltens beschuldigt wird, bilden die Ombudspersonen von sich aus eine Untersuchungskommission oder wenden sich an übergeordnete Stellen wie Verbundleitung des GBV oder den überregionalen Ombudsman für die Wissenschaft.
Maßnahmen bei Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens
In Abhängigkeit vom Schweregrad der nachgewiesenen Nichtbeachtung guter wissenschaftlicher Praxis kommen grundsätzlich eine informelle Ermahnung ohne rechtlich bindende Konsequenz oder eine arbeitsrechtliche Abmahnung in Frage. Dabei werden die allgemeinen Bestimmungen und Schutzvorschriften des Arbeitsrechts wie Anspruch auf rechtliches Gehör und Beteiligung des Personalrats gewahrt.
Darüber hinaus können nach Feststellung eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens bei begründetem Interesse Dritte (Kooperationspartner, Wissenschaftsorganisationen...) informiert werden. In jedem Fall haben die Betroffenen soweit dies möglich ist, die festgestellten Gründe für das wissenschaftliche Fehlverhalten unverzüglich abzustellen, beispielsweise durch Korrektur oder Rückzug von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Durchsetzung oder Überwachung der entschiedenen Maßnahmen ist nicht Aufgabe der Ombudspersonen.
Ombudspersonen
Für die Mitarbeitenden der VZG sind als Ombudspersonen zu Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und zu Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens derzeit folgende Personen eingesetzt:
- Dr. Jakob Voß
- Dr. Maike Tech